amsterdam, 16.6. 1997
europaeische staatsbuergerinnen danken eu-regierungschefs
"internationale" der kommunikationsguerilla gegruendet
waehrend des euro-gipfels (eurotop - eu rot op!) wurde in dieser woche
die "internationale der kommunikationsguerilla" begruendet. unmittelbar
im anschluss an den formalen gruendungsakt im rahmen der vorstellung des
"handbuches der kommunikationsguerilla" kam es zu einer ersten
gemeinsamen aktion. diese aktion war insbesondere deshalb erfolgreich,
weil sie auf die klassischen codes des militanten protestes
verzichteten, der zuvor dem riesigen bullenaufgebot nichts
substantielles entgegensetzen konnte.
die strategie der niederlaendischen polizei bestand darin, jeden ausdruck
von protest gegen den euro-gipfel in unmittelbarer naehe von
tagungsgebaeuden und der unkerkuenfte der angereisten politiker strikt zu
unterbinden. es kam bereits am vortag zu massenverhaftungen. noch auf
einer vollversammlung im vorfeld der geplanten demonstration vor dem
infoladen vrankrijk, einem koordinationspunkt des widerstandes gegen den
eurotop, kam es zu einer folgenschweren fehleinschaetzung. die lokalen
organisatoren glaubten, dass eine demonstration durchfuehrbar waere, wenn
sie nur friedlich verlaufen wuerde. die demo kam aber nicht einmal zehn
meter weit, dann war sie bereits eingekesselt. ueber 300
demonstrantinnen wurden infolgedessen verhaftet und verschwanden fuer die
zeit des euro-gipfels in niederlaendischen knaesten. spaetestens zu diesem
zeitpunkt galt es eigene initiativen in die wege zu leiten.
fuer die nacht von montag auf dienstag wurde eine jubelparade zugunsten
der euro-politiker verabredet. zunaechst versammelten sich gegen 22 uhr
250-300 anhaengerinnen der kommunikationsguerilla auf dem nieuwmarkt.
ziel der aktion war es gegenueber den angereisten europaeischen politikern
oeffentlich dankbarkeit zu bezeugen. angesichts der gleichmuetigkeit
grosser teile der europaeischen bevoelkerung wollten die teilnehmerinnen
der jubelparade vorfuehren, dass sie gerne in einem europa des
sozialabbaus, der flexibilisierung und der sparmassnahmen leben wollen.
sie forderten ausserdem mehr polizei und eine zensur.
auf dem nieuwmarkt traf diese botschaft auf grosse resonanz. sowohl die
anwesenden polizistinnen, die internationalen und die lokalen medien
liessen sich von luther blissett das anliegen der parade erklaeren.
nachdem die inhaltliche zielrichtung deutlich geworden war, rueckte ein
spezifisches anliegen der dankbaren menge in den mittelpunkt des
menschenauflaufes: "ganz besonderer dank gelte es -so die an aktion
beteiligte niederlaendische sektion - dem franzoesischen praesidenten
jacques chirac zu sagen. eigens zu diesem zweck wurde eine sahnetorte
besorgt. sie war das an diesem abend das von der internationalen presse
meist photographierteste und abgefilmte objekt (diese torte ist zudem
ein weiteres indiz dafuer, dass es "auf der welt eine grosse, starke
tortenwerferbewegung (gibt)" , taz, 2..6. 1997).
schliesslich machte sich die schar der dankbaren in kleinen gruppen auf
den weg zum hotel "grand". (es wurde im vorfeld vermieden, zu einer
demonstration aufzurufen). aufgrund ihrer ausgelassenen stimmung und der
ueberaus freundlichen haltung gegenueber den vertretern der staatsgewalt
sowie nach ueberwindung einer unbewachten sicherheitssperre, gelang es
einer gruppe von fuenfzig dankbaren, unmittelbar an das hotel
heranzukommen. dort wurden jubelrufe und freudenschreie ausgestossen. am
hotel standen darbietungen diverser volkskunst ("frere jacques, frere
jacques, dormez-vous, dormez vous?" oder "danke fuer diesen euro, danke")
aus verschiedensten sektionen der "internationale" im mittelpunkt.
allerdings war die polizei nicht bereit, eine delegation samt torte zu
chirac zu bringen. wiederholt wurde versucht, den vor ort hart
arbeitenden polizistinnen mit einem stueckchen torte ihren harten dienst
zu versuessen. einige glaubten sogar in deckung gehen zu muessen, als
ihnen die torte gezeigt wurde. nachdem schliesslich hier ausreichend
gedankt worden war, ging es weiter zu anderen hotels. dort waren neben
dankbezeugungen auch parolen zu hoeren wie "fuck the nature" oder "mehr
arbeit und weniger lohn".
auch hier wollten keiner von den polizistinnen von der torte probieren.
einstweilen ging es weiter: "mehr zensur!" oder "mehr polizei". immer
groesser wurde die menge der dankbaren, aber auch die der polizei, die
offenbar das dahinter stehende anliegen nicht so recht verstand.
jedenfalls wurde mit dieser jubelparade klar und deutlich, dass europa
bei seinen buergerinnen nicht nur auf ablehnung stoesst.
als dann auch noch ein demonstrationszug mit kritikerinnen des
euro-gipfels vor den hotels auftauchte, kam es zu einer grossen
verwirrung. die kommunikationsguerilla-aktion wandelte sich in eine
klartext-veranstaltung um. diese gelegenheit nutzte die polizei, um
erneut mit einem kessel weitere 150 personen zu verhaften. allerdings
gelang es ortskundigen zweimal zehn personen mit einer barke von einer
gracht aus dem kessel zu befreien.
ein bericht ueber eine weitere jubel-demo zur gleichen zeit und von einer
anderen gruppe von demonstrantinnen liegt vor:
"opera: an easy way to get rid of paranoia
there was another "jubilee", a demonstration to 'thank' mayor patijn and
his staff for the wonderful time he and his city gave to demonstrators.
we also thanked the police for being so kind to us. a 100 people were
present. not a lot happened. many plain clothes police looking for
people. the funny thing was, when it all started near the mayor's house,
it looked like the police would try to fuck up this demo as well. but, a
neighbour, living on the fourth floor of a house on the canal put his
loudspeakers in the window and played very pleasing opera music. total
de-escalation, although the cops still kept looking for people, we don't
know if any arrest were made. as far as we know, no arrests."
die kommunikationsguerilleras entkamen - hart bedraengt von der
niederlaendischen polizei - schon vor schliessung des kessels und
verteilten die torte an nieuwmarkt an die marginalisierten von
amsterdam. die beteiligten waren sich einig: alles in allem ein wuerdiger
beginn.
es lebe die kommunikationsguerilla-internationale!
der kampf geht weiter!
"ist die beste subversion nicht die, die codes zu entstellen, statt sie
zu zerstoeren?" (roland barthes unter anderem im "handbuch der
kommunikationsguerilla")
www-contact autonome a.f.r.i.k.a.-gruppe: http://www.contrast.org/kg